Stefan Ziller

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Rot-Rot will keine unschuldigen Guantanamo-Häftlinge

In der mündlichen Fragestunde der letzten Plenarsitzung wurde mal wieder deutlich, warum dieser Rot-Rote Senat schnellstmöglich abgewählt werden muss. Auf die Frage meiner Kollegin Bilkay Öney nach der Aufnahmen von unschuldigen und entlassenen Guantanamo-Häftlingen in Berlin erklärte der Innensenator Körting:

“Man kann auch bei einem Menschen, der unschuldig ist, der bisher keinen Terrorakt gemacht hat, schon sagen, man wolle ihn nicht freiwillig in der Bundesrepublik Deutschland haben.”


Hier der Wortlaut der Debatte im einzelnen:

Zitat aus dem vorläufigen Plenarprotokoll vom 29.1.09, Abgeordnetenhaus von Berlin

Präsident Walter Momper:

Es geht weiter mit einer Anfrage der Frau Kollegin Öney von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema: Nimmt Berlin Guantanamo-Häftlinge auf?
– Bitte schön, Frau Öney, Sie haben das Wort!

[Dr. Martin Lindner (FDP): Wir nehmen sie alle auf! Alle Kriminellen dieser Welt!]

Bilkay Öney (Grüne):

Ich frage den Senat:
1. Unterstützt der Senat die auch von Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier geforderte Aufnahme von entlassenen Guantanamo-Häftlingen in der Bundesrepublik? Wenn nein, warum nicht?
2. Inwiefern ist der Senat bereit, im Sinne der Humanität und der deutsch-amerikanischen Freundschaft aus Guantanamo entlassene Menschen in Berlin aufzunehmen?

Präsident Walter Momper:
Danke schön, Frau Öney! – Der Innensenator, vermute ich, Herr Dr. Körting hat das Wort. – Bitte!

Senator Dr. Ehrhart Körting (Senatsverwaltung für Inneres und Sport):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Öney! Zuerst muss ich etwas klarstellen. Nach meiner Kenntnis hat der Bundesaußenminister nicht gefordert, Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen, sondern er hat gesagt, auch die Bundesrepublik Deutschland solle prüfen, ob es für die Schließung des Lagers erforderlich ist, dass andere Länder den Amerikanern bei der Aufnahme helfen. Das ist eine völlig andere Situation.

Die Situation ist in der Tat schwierig. Wenn Sie sich die Häftlinge ansehen, deren Aufnahme zur Diskussion steht, ob es sich dabei um 17 Uiguren handelt, die von den Amerikaner als Mitglieder einer Organisation in Xinjiang, nämlich ETIM betrachtet werden, die von der UNO übrigens als terroristische Organisation eingestuft worden ist, oder ob es sich um Menschen handelt, die aus dem Jemen, dem Libanon, Jordanien oder Russland kommen, all diesen Häftlingen ist – soweit ich das im Moment überblicke, ich habe allerdings keine Liste der Häftlinge, sondern nur das, was man mir über Amnesty International oder die Gesellschaft für bedrohte Völker hat zukommen lassen – es eigen, dass sie sich vor dem 11. September 2001 von sich aus freiwillig in die Herrschaft des Schreckenregimes der Taliban nach Afghanistan begeben haben. Das sind Menschen, die in einer bestimmten Situation, als in Afghanistan Zustände geherrscht haben, die ich in Erinnerung rufe – Steinigung von Frauen, weil sie ihr Leben selbst bestimmen wollten, im Stadion von Kabul, Todesurteile gegen Menschen, weil sie nicht an Allah, sondern an Gott glauben wollten -, also zu einer Zeit, als all dies Staatsräson in Afghanistan war, von sich aus in das gelobte Land Afghanistan gegangen sind. Das macht die Beurteilung dieser Menschen schwierig. Für einen Teil geht die amerikanische Administration davon aus, dass sie keine Terroristen sind und sich nicht an Terroranschlägen beteiligt haben.

[Zuruf von Benedikt Lux (Grüne)]

Aber sie werden von den Amerikanern als feindliche Kämpfer oder Sympathisanten feindlicher Kämpfer eingestuft.

[Zuruf von Benedikt Lux (Grüne)]

Wie weit dies realistisch, wie weit das überprüfbar ist, kann ich überhaupt nicht beurteilen. Es macht es nur schwierig, eine Entscheidung zu treffen.

[Dirk Behrendt (Grüne): Peinlich, peinlich!]

Formal ist das relativ einfach, Frau Kollegin Öney. Das Bundesministerium des Inneren kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass wir in einer bestimmten Weise einer bestimmten Ausländergruppe eine Aufnahmezusage erteilen. Das ist die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Das Bundesinnenministerium ist bisher nicht auf mich zugekommen.

Präsident Walter Momper:
Danke, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Öney? – Bitte schön!

Bilkay Öney (Grüne):

Sind Sie wenigstens gewillt, nachgewiesenerweise unschuldige Menschen hier aufzunehmen?

[Mieke Senftleben (FDP): Ein Prozent!]

Präsident Walter Momper:
Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Senator Dr. Ehrhart Körting (Senatsverwaltung für Inneres und Sport):

Frau Kollegin Öney! Ich glaube, wir müssen uns – gerade in Berlin – nicht vorhalten lassen, dass wir in erheblichem Umfang zur humanitären Aufnahme von Leuten beitragen.

[Gelächter bei den Grünen – Alice Ströver (Grüne): Das kann man wohl sagen!]

Selbstverständlich gilt das auch für andere Bereiche. Das machen wir. Ich habe mich vor etwa anderthalb Jahren auf Bitten des Bundesinnenministeriums bereit erklärt, bei bestimmten Kontextaktionen im Mittelmeer aufgegriffene Flüchtlinge mit nach Deutschland und auch nach Berlin zu nehmen. Das zu machen war auch Konsens der Länderinnenminister. Das ist alles möglich.

Ich muss aber immer in eine Abwägung kommen, ob ich Leute aufnehmen kann. Das hat heute z. B. der Kommissar für Sicherheit der Europäischen Kommission Barrot in einer Presseerklärung deutlich gemacht. Barrot fragt dann etwas zynisch: Wo nehmen ich sie auf, im Gefängnis oder in der Freiheit? – Und wie ist es mit Sicherheitsaspekten?

[Mieke Senftleben (FDP): Gute Frage!]

Es hat keinen Sinn, Leute in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen, für die ich dann ungefähr ein Duzend Mitarbeiter der Berliner Polizei als Observanten ansetzen muss, weil ich das Risiko habe, dass sie eventuell etwas tun. Deshalb ist die Frage nach der Unschuld eine so komplizierte.

[Mieke Senftleben (FDP): Ja!]

Denn wenn sie nach der Unschuld fragen, fragen sie nicht ob es sich um Sympathisanten von Al Kaida oder Taliban oder Ähnliches handelt, sondern ob es sich – –

[Özcan Mutlu (Grüne): Unschuldige sind unschuldig!]

– Herr Kollege Mutlu! Man kann auch bei einem Menschen, der unschuldig ist, der bisher keinen Terrorakt gemacht hat, schon sagen, man wolle ihn nicht freiwillig in der Bundesrepublik Deutschland haben.

[Zuruf von Dirk Behrendt (Grüne)]

Sie würden das ganz genauso sehen wie ich auch. Da bin ich ganz sicher.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Insofern ist die Frage nach der Unschuld schwierig. Sie sind strafrechtlich unschuldig, selbstverständlich.

[Alice Ströver (Grüne): Ach so!]

Ich bin auch absolut dafür, dass dieses Lager Guantanamo so schnell wie möglich aufgelöst wird, weil es völkerrechtswidrig ist.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von den Grünen]
Aber die Argumentation Ihrer Nachfrage, ich interpretiere jetzt,

[Bilkay Öney (Grüne): Die ganze Zeit!]

ist: Zur Auflösung eines völkerrechtswidrigen Lagers seien die USA nicht selbst in der Lage – die kann ich so nicht nachvollziehen. Meines Erachtens wären die USA dazu selbst in der Lage. Erst dann, wenn sie aus irgendwelchen Gründen dazu nicht in der Lage wären, gäbe es Handlungsbedarf. Ich sehe im Moment keinen Handlungsbedarf.

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